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Medikamente und Stillzeit – Abstillen wirklich nötig?

Welche Medikamente sind in der Stillzeit erlaubt? Erfahre, wann Abstillen wirklich nötig ist, welche Alternativen es gibt und wo du seriöse Infos findest (Embryotox, ABM-Protokolle, ESUR-Guidelines u. v. m.).

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Steffi Weiss

Ich begleite Familien beim Stillen und rund ums Zungenband – mit Fachwissen, Erfahrung und viel Herz.

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Medikamente und Stillzeit: Was ist erlaubt und wann muss abgestillt werden?

Häufige Aussagen von Ärzten:

  • „Ich werde Ihnen erst das Medikament verschreiben, wenn Sie nicht mehr stillen.“
  • „Sie müssen nach der Einnahme eine Stillpause machen.“
  • „Na das geht erst, wenn Sie abgestillt haben.“
  • „Ihr Kind ist jetzt alt genug, um auf die Brust ein paar Tage zu verzichten.“

Dies sind häufige Aussagen von Ärzten, weswegen mich stillende Frauen kontaktieren. Deren Frage lautet dann natürlich: „Was mache ich nun? Muss ich wirklich Abstillen?“

Stillfreundliche Alternativen und Beratungsstellen

Heutzutage gibt es für fast jedes Medikament eine stillfreundliche Alternative.
Es gibt einige Institute, wie z.B.:

  • Embryotox (auch als App erhältlich) – ein Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, der Charité-Universitätsmedizin Berlin
  • Reprotox
  • LactMed – eine Seite auf Englisch, basierend auf Studien und wissenschaftlicher Literatur

Natürlich ist es sinnvoll, eine Stillberaterin und ebenfalls einen Arzt aufzusuchen. Leider steht in den Beipackzetteln allzu oft „in der Stillzeit nicht erlaubt“, obwohl die Studienlage zeigt, dass es keine Auswirkung auf das gestillte Kind hat.

Bitte doch deinen Arzt, bei einem der genannten Seiten nachzuschauen, welches Medikament er dir verschreiben kann. Die Auswirkungen einer Stillpause oder gar eines Abstillens werden oft nicht in Betracht gezogen, sind aber enorm und somit ist ein gründliches Abwägen der Pro- und Contra-Argumente sehr wichtig.

Faktoren bei Medikamenten in der Stillzeit

Bei den Medikamenten kommt es auf verschiedene Aspekte an:

  • orale Verfügbarkeit bei dir
  • Übergang von der Blutbahn in die Muttermilch
    (Medikamente, die sich an das Protein Albumin binden / schlechte Fettlöslichkeit haben / hohe Molekularemasse > 200 / saure Eigenschaften haben, gehen weitestgehend nicht in die Muttermilch über.)
  • orale Verfügbarkeit aus der Milch bei deinem Kind
  • Menge des Medikamentes
  • Halbwertzeit
  • Art der Applikation = Einnahme
  • Häufigkeit / Dauer
  • Metabolisierung, Verteilung, Aufnahme
  • Stillphase (Stadium der Milchbildung) – Die ersten Tage ist die Aufnahme in die Muttermilch höher, allerdings trinkt dein Baby die ersten Tage auch deutlich weniger. Wenn dein Kind schon Beikost bekommt, ist der Anteil der Muttermilch geringer, ebenfalls sind die Nieren deines Kindes reifer und die Ausscheidung somit effektiver.

Abschätzung der Medikamentenmenge beim Kind

Zur Abschätzung der Medikamentenmenge, die das Kind erreicht, spielen folgende Punkte eine Rolle:

  • absolute Substanzmenge
  • Milch/Plasma-Quotient – ein niedriger Quotient < 1 spricht gegen eine Anreicherung in der Muttermilch und somit eher zu einer geringen Gefährdung, > 1 mögliche Gefährdung.
  • relative kindliche Dosis – z.B. macht eine relative Dosis unter 3 % eine gesundheitsgefährdende Auswirkung unwahrscheinlich.

Nimmst du nun täglich das gleiche Medikament, sammelt sich dieser Stoff natürlich beim Kind an, wobei einige Stoffe vom Darm deines Babys nicht aufgenommen werden.

Die genaue Konzentration kann man nur herausfinden, indem das Blut des Kindes auf den Arzneistoff getestet wird (aus dem Plasma).

Neugeborene zeigen eher Reaktionen als ältere Säuglinge.

Ein Abpumpen, damit die Medikamente schneller aus der Muttermilch abgebaut sind, ist nicht sinnvoll und führt bei Paracetamol sogar zum Gegenteil – die Medikamentenkonzentration steigt in der Muttermilch an.

Mögliche Symptome beim Kind

Selten zeigen sich Symptome wie:

  • Unruhe
  • Änderung des Trinkverhaltens
  • Durchfall
  • Gewichtsabnahme
  • Schläfrigkeit

Wann darfst du tatsächlich nicht mehr stillen?

  • Wenn du großflächige Desinfektion mit einem Jodmedikament erhalten hast (Stillpause)
  • Wenn du radioaktives Jodid gespritzt bekommen hast (Stillpause)
  • Wenn du mehrere Antiepileptika oder Psychopharmaka nimmst
  • Bei der Einnahme von Zytostatika
  • Bei der Einnahme von Radionukliden (Stillpause)
  • Wenn du gegen Gelbfieber geimpft wirst (bei allen anderen Impfungen kann weiter gestillt werden)

Medikamente, die die Milchbildung hemmen können

  • Dopaminagonisten
  • Nikotin
  • Amphetamine
  • Antihistaminika
  • Barbiturate
  • Lasix
  • Alkohol
  • Opiate

Medikamente, die die Milchbildung fördern können

  • gewisse Medikamente gegen Übelkeit
  • bestimmte Neuroleptika
  • gewisse Hormone
  • blutdrucksenkende Mittel

Häufig missverstandene Medikamente

Oft genannte Medikamente, bei denen du angeblich abstillen sollst, sind:

  • Antikoagulantien (Blutverdünnungsmittel)
  • Glucocorticoide (Cortison)
  • Heparin
  • Lokalanästhesie
  • Vollnarkose
  • Jodhaltige (nicht radioaktive!) Kontrastmittel
  • Magnesit / Gadolinium (für MRT Untersuchungen)

Ein Abstillen ist hierbei jedoch nicht nötig!

Zahnarzt und Stillzeit

Auch der Zahnarztbesuch stellt kein Stillhindernis dar.

  • Lokalanästhesie ist heutzutage kein Problem, auch wenn es mit Adrenalin ist, denn dieses wird im Magen-Darm-Trakt des Kindes eliminiert.
  • Es können, wenn notwendig, für kurze Zeit Opioidanalgetika angewendet werden (ohne Stillpause, Baby gut beobachten).
  • Amalgam ist bei Stillenden verboten. Müssen diese Füllungen entnommen werden, geschieht dies unter Kofferdamm (Plastikschutz).

Schon gewusst? Heutzutage übernehmen die Krankenkassen die Zahnfüllungen von stillenden Frauen.

Homöopathische und pflanzliche Mittel

  • Homöopathische Mittel sind bei niedrigen Potenzen kein Problem. Bei hohen Potenzen sollte Nachfrage bei oben genannten Instituten erfolgen.
  • Pflanzliche Mittel können gefährlich sein: Sie können den Geschmack der Muttermilch verändern oder kontaminiert sein. Zudem gibt es kaum systemische Untersuchungen.

Allgemeine Empfehlungen

  • „Ältere“ Medikamente bevorzugen, da es zu diesen mehr Studien gibt.
  • Lokale Anwendungen von Salben oder Hustenbonbons sind erlaubt.
  • Schmerzmittel der Wahl: Ibuprofen und Paracetamol (Tageshöchstdosis beachten).

Tipp: Apps und Vorbereitung

Du kannst dich im Vorfeld schlau machen, welche Medikamente du nehmen kannst, oder dir die App von Embryotox herunterladen.

So kannst du direkt beim Arzt nachschlagen und ggf. Alternativen nennen (diese stehen dort meist genannt, falls dein Medikament nicht stillfreundlich ist).

Stillpause – was tun?

Solltest du dennoch eine Stillpause machen müssen, kannst du vorher Muttermilch sammeln, die du dann stillfreundlich (z.B. mit Becher oder Löffelflasche) geben kannst.

Wichtig: In dieser Zeit an deine sonstige Stillfrequenz angepasst abpumpen oder per Hand gewinnen.

Quellen

  • ABM Clinical Protocol 30, Breast Complaints and Diagnostic, Breast Imaging in the Lactating Womanbfmed.org / Protocol #30 PDF
  • ABM Clinical Protocol 15, Analgesia and Anesthesia for the Breastfeeding Motherbfmed.org / Protocols Übersicht
  • Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, 8. Auflage, Elsevier; Schaefer C, Spielmann H, Vetter K
  • Medications and Mothers’ Milk, 17. Auflage — Springer Publishing
  • European Society of Urogenital Radiology — ESUR Guidelines on Contrast Agentsesur.org / Contrast Media Safety Committee
  • Expertenforum Medikamente in der Stillzeit. 10. Still- und Laktationskongress, Berlin, 2015
  • Schaefer C: Arzneimittel und Stillen – verträgt sich das? In: Stillen und Muttermilchernährung. Grundlagen, Erfahrungen und Empfehlungen. Gesundheitsförderung konkret Band 3, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Köln 2001
  • Stillen – Rat und praktische Hilfe für alle Phasen der Stillzeit. Gräfe und Unzer, 2000
  • Stiftung Warentest: Handbuch Medikamente, 2000

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