Viele Familien stoßen schon früh auf Herausforderungen beim Stillen. Häufig steckt eine Zungenband- oder Lippenbandproblematik dahinter – auch „orale Restriktionen“ genannt.
Wenn Stillen weh tut oder Trinken schwierig ist
Ein zu kurzes Zungenband oder Lippenband beim Baby (orale Restriktionen) kann Stillprobleme, Schmerzen und andere Herausforderungen verursachen. Doch was bedeutet das eigentlich, woran erkennst du die Anzeichen und wie geht man damit um?
Was sind orale Restriktionen?
Unter oralen Restriktionen versteht man zu straffe oder verkürzte Bänder im Mundraum:
- Zungenband (Lingualfrenulum)
- Lippenband (Labialfrenulum)
- Wangenband
Diese Bänder können die Beweglichkeit der Zunge und Lippen einschränken – und damit das Trinken, Schlucken und Saugen erheblich beeinflussen.

Typische Anzeichen für ein zu kurzes Zungen- oder Lippenband
Erkennst du dich in diesen Hinweisen wieder?
- Schmerzen beim Stillen
- verformte oder wunde Brustwarzen
- Milchstau oder Mastitis
- dein Baby verliert die Brust schnell oder saugt unruhig
- häufiges Verschlucken, Spucken oder Schlucken von Luft
- Klick-Geräusche beim Stillen
- auffälliger Milchfluss am Mundwinkel
- hoher Gaumen, eingeschränkte Mundöffnung
- Lippen rollen sich nach innen oder zeigen auffällige Falten
Auch Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen, Atemprobleme oder ständige Verspannungen können Hinweise sein.
Ersteinschätzung und Anamnese – was passiert im Termin?
Wenn du unsicher bist, ob ein Zungen- oder Lippenbandproblem vorliegt, kann eine fachkundige Ersteinschätzung helfen.
Dabei machen wir u. a.:
Ausführliche Anamnese
Bei der ersten Einschätzung schaue ich nicht nur auf das aktuelle Stillen, sondern nehme mir Zeit für eine ausführliche Anamnese. Schwangerschaft, Geburt und die bisherigen Still- oder Fütterungserfahrungen spielen eine große Rolle, um die Situation richtig einordnen zu können.
Funktions- und Sichttest der Zunge
Ein Zungenbandproblem erkennt man nicht allein mit einem Blick. Deshalb führe ich einen Funktions- und Sichttest durch, bei dem die Beweglichkeit der Zunge und das Saugverhalten genau geprüft werden. So kann ich einschätzen, ob das Zungenband wirklich eine Rolle spielt.
Individuelles Vorgehen und Begleitung
Jedes Baby, jede Mama und jede Stillbeziehung ist einzigartig. Darum gibt es bei mir keine Pauschallösungen, sondern ein individuell abgestimmtes Vorgehen. Ich begleite dich mit meinem Wissen, erkläre dir die Zusammenhänge und unterstütze dich Schritt für Schritt.
Vorbereitung und Nachsorge bei Frenotomie
Wenn eine Frenotomie sinnvoll ist, begleite ich dich nicht nur bei der Entscheidung, sondern auch bei der Vorbereitung und Nachsorge. Übungen, aktives Wundmanagement und eine enge Betreuung sind entscheidend, damit das Stillen langfristig leichter und schmerzfrei wird.
Ist eine Frenotomie immer notwendig?
Eine operative Durchtrennung des Zungen- oder Lippenbandes (Frenotomie) ist nicht in jedem Fall nötig.
Oft reicht eine gezielte Stillberatung, Körperarbeit oder Übungen, um die Situation zu verbessern.
Wichtig ist: Jede Familie wird individuell begleitet – und ihr entscheidet am Ende, welcher Weg der richtige ist.
Warum eine ganzheitliche Begleitung so wichtig ist
Eine reine Durchtrennung („quick fix“) reicht häufig nicht aus.
Stell dir vor, du hast lange Zeit einen Gips getragen – dein Bein braucht dann Training, um wieder richtig belastbar zu sein. Genauso verhält es sich mit der Zunge: Sie muss vorbereitet, gestärkt und nach der Behandlung begleitet werden.
Hintergrundwissen für Eltern
- Das Zungenband ist nicht dehnungsfähig (max. 0,3 mm laut Martinelli, 2014).
- Es gibt unterschiedliche Typen: Anterior, Median, Posterior.
- Einschränkungen können auch auftreten, ohne dass das Band auf den ersten Blick auffällig ist.
Zitat: „Was dem einen Untersucher wie ein normales Zungenband erscheint, ist für den anderen pathologisch – weil das Zungenband eine große Bandbreite klinischer Erscheinungsformen haben kann.“ (Hentschel, R., 2018)
Fazit – Klarheit gewinnen und Lebensqualität steigern
Ein zu kurzes Zungen- oder Lippenband kann den Alltag einer Familie stark belasten – beim Stillen, Schlafen und sogar bei der späteren Entwicklung.
Die gute Nachricht: Mit einer professionellen Einschätzung und ganzheitlichen Begleitung lassen sich viele Probleme erkennen, behandeln und langfristig verbessern.
Wenn du den Verdacht hast, dass bei deinem Baby ein Zungen- oder Lippenbandproblem besteht, melde dich gerne für eine Ersteinschätzung. Gemeinsam finden wir den passenden Weg für euch.
Referenzen für Zungenband / Lippenband
Academy of Breastfeeding Medicine (ABM)
Fachgesellschaft mit klaren Protokollen zum Zungenband.
La Leche Liga International
Weltweite Organisation zur Stillförderung (neutral, keine Konkurrenz).
WHO – World Health Organization: Breastfeeding
Internationale Empfehlungen zum Stillen.
National Center for Biotechnology Information (NCBI / PubMed)
Studien zu Ankyloglossie (Zungenband) und Stillproblemen.
BDL – Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen IBCLC e.V.
Offizielle deutsche Fachgesellschaft.
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